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Wie viel Bewegung tut Schulkindern gut?

Schulkinder Bewegung

Springen, laufen, toben: das machen Kinder doch sowieso! So ist die generelle Annahme vieler Eltern, die nicht von einem Bewegungsdefizit ihrer Kinder ausgehen. Doch die Realität sieht anders aus. Erschreckend sind die Ergebnisse von Wissenschaftlern, die den durchschnittlichen Tag eines Grundschülers vorrechnen. Auf neun Stunden in liegender Position durch den Schlaf folgen sieben bis neun Stunden im sitzenden sowie fünf Stunden im stehenden Zustand. Die effektive körperliche Bewegungsdauer beläuft sich auf nur 53 Minuten pro Tag.

Statistiken belegen: Stadtkinder bewegen sich noch weniger als Dorfkinder

Aussagen der Mediziner zufolge ist dieser Anteil bei Stadtkindern sogar noch geringer. Als Richtwert legen Kinder- und Jugendärzte jedoch einen Anteil von 90 Minuten für moderate bis aktive Bewegung fest. Ärzte schlagen Alarm, auch wenn diese Entwicklung für die heutige Generation völlig selbstverständlich ist. Heute ist es nicht mehr üblich, dass Kinder den ganzen Nachmittag draußen mit ihren Freunden verbringen. Zudem mangelt es an Alltagsbewegung. Aufzüge befördern uns ebenso wie Rolltreppen. Zu Fuß zurückgelegte Strecken überschreiten zumeist nicht das Maximum von zehn Minuten. Nur noch selten trifft man auf Kindergruppen, die über Bäche springen oder zusammen Völkerball spielen.

Haltungsschwächen drohen

Dieser Bewegungsmangel bleibt nicht ohne Folgen. Bereits die Hälfte aller Grundschüler ist von Haltungsschwächen oder gar Haltungsschäden betroffen. Immer mehr Jugendliche leiden am Diabetes Typ 2, der einst als Diabeteserkrankung für ältere Leute galt. Bewegt sich ein Kind weniger als 45 Minuten pro Tag, senkt sich die Knochendichte. Dadurch leiden heute schon 14 oder 15 Jahre alte Mädchen an Osteoporose. Da sich der schulische Druck erhöht, leiden immer mehr Schulkinder an psychischen Problemen wie Schlafstörungen oder Osteoporose. Umso besser wäre es, dass Kinder durch körperliche Betätigung dem Alltagsstress entfliehen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Motorische Auffälligkeiten nehmen bei Schülern und Schülerinnen zu. Ein Beispiel: nur 14 Prozent aller Erstklässler gelingt es, für eine Minute auf einem Bein zu stehen.

Problemfall Übergewicht

Erschwerend kommt – im wahrsten Sinne des Wortes – hinzu, dass deutschland etwa zwei Millionen Kinder übergewichtig sind. Jedes zehnte Kind leidet im Kindergarten an Übergewicht. Am Ende der Grundschule ist jedes vierte Kind davon betroffen. Ein dicker Grundschüler muss zumeist ein Leben lang gegen überschüssige Pfunde ankämpfen. Die Kinder sitzen einfach zuviel. Die Rechnung ist einfach: Übergewicht resultiert stets aus einem Ungleichgewicht zwischen dem Kalorienverbrauch sowie der Kalorienverbrennung.

Je mehr Sport und Bewegung, desto besser

Schon im Kindergarten ist es nicht mehr üblich, dass die Kinder täglich spazierengehen oder sich für längere Zeit an frischer Luft aufhalten. Diese Schieflage spitzt sich mit dem Eintritt ins Schulalter zu. Die sogenannte Sitzschule ist aus der heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken. Doch da genügt es nicht, wenn die Kinder nur zwei Stunden pro Woche Schulsport haben. Da reicht es auch nicht aus, das häufige Sitzen durch das ein- oder zweimalige Sporttraining pro Woche zu kompensieren. Im Gegenzug sind heute bis zu 80 Prozent aller Kinder in Sportvereinen organisiert. Noch nie zuvor erlernten die Jungen und Mädchen komplexe sportliche Fähigkeiten wie das Schwimmen oder Inlineskaten so früh wie in der heutigen Zeit. Dennoch leiden die motorischen Fähigkeiten, da Bewegung heutzutage zumeist isoliert stattfindet. Experten sprechen in diesem Zusammenhang von einer sogenannten „Verinselung der Bewegungswelt“.

Eltern möchten ihre Kinder übermäßig viel beschützen

Dazu trägt das heute zumeist überspitzte Sicherheitsbedürfnis bei. Risiken sind berechenbarer, indem Reckstangen auf Spielplätzen beispielsweise durch Kletterwände ersetzt werden. Ein aufgeschlagenes Knie oder blaue Flecken sollen weitgehend vermieden werden. Dabei betonen Experten, dass sportlich aktive Kinder erfahrungsgemäß weniger Unfälle als Sportmuffel haben, obwohl die aktiven Kinder natürlich höheren Gefahren ausgesetzt sind. Häufige Stürze werden durch längere Reaktionszeiten oder mangelnden Gleichgewichtssinn ausgelöst. Der beste Schutz vor derartigen Verletzungen ist ein sicherer Umgang mit dem eigenen Körper. Professor Christine Graf vom Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft an der Deutschen Sporthochschule Köln erklärt, dass Bewegung als zur Reifung beitragender Gesamtprozess betrachtet wird. Im Kleinkindalter sind die Bewegungen noch besonders umständlich, da dem Nachwuchs die Koordination fehlt. Es dauert einige Jahre, bis die Kinder ihre Motorik komplett kontrollieren können. Erst dann wird ein ideales Zusammenspiel der Nervenverbindungen ermöglicht.

Bewegungsabläufe unterliegen einem stetigen Lernprozess

Im Laufe der Jahre verschnellern sich die Bewegungen. Diese automatisieren sich, indem hochkomplexe Abläufe durch regelmäßiges Üben trainiert werden. Die Kinder bekommen ein Körpergefühl, das ihnen bei der Bewältigung täglicher Aufgaben und beim Spielen hilft. Doch all diese Trainingseffekte bleiben bei den meisten Kindern spätestens beim Schulalltag auf der Strecke. Ernährungs- und Bewegungswissenschaftler sind sich sicher, dass diese Entwicklung schon bei den Eltern beginnt. Durch den Zeitmangel und moderne Lebensgewohnheiten fällt es schwer, das sportliche Minimum von knapp einer Stunde pro Tag einzuhalten. Insbesondere junge Eltern sorgen sich nicht darum, ob sich die Kinder genügend bewegen. Die Bewegung der Kinder wird laut Ansicht vieler Ärzte zu wenig thematisiert. Deshalb ist es sinnvoll, gemeinsam aktiv zu sein und die Wertigkeit von Sport auszuleben.

Ärztliche Empfehlungen für die tägliche Dosis an Bewegung

Ein Kindergartenkind soll sich laut Empfehlungen von Kinder- und Jugendärzten etwa 180 Minuten pro Tag bewegen. Für Grundschulkinder wird eine tägliche Bewegungszeit von 90 Minuten mit moderater bis hoher Intensität empfohlen. Die gleiche Empfehlung gilt ebenfalls für Jugendliche. Sportliche Spielempfehlungen für verschiedene Altersklassen im Überblick:

 

ab fünf Jahren

Kartoffelrennen: jedes Kind benötigt einen Korb und etwa 20 Kartoffeln; an Startpunkt gelegte Kartoffeln müssen einzeln im Korb zum Ziel transportiert werden; der Schnellste gewinnt

ab sechs Jahren

Bällefangen: ein Kind versucht andere Kinder zu fangen; Kinder werfen sich Ball zu; wer gerade Ball in der Hand hält, darf nicht gefangen werden;

ab sieben Jahren

Kinder-Geo: Spielleiter schlägt geometrische Formen vor, die andere Kinder körperlich nachbilden müssen; Steigerung der Schwierigkeit durch verbundene Augen