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Freunde – Wenn Kinder keine Freunde finden!

Wenn Kinder keine Freunde finden

„Niemand kann mich leiden.“ Früher oder später werden vermutlich die meisten Eltern mit dieser Aussage ihrer Kinder konfrontiert. Keine Kinder fragen nach einer Verabredung, während die Nachbarskinder vergnügt miteinander spielen. Diese Situation ist für alle Beteiligten belastend. Doch während die Zeit ohne Freunde für die meisten Kinder nur ein Strohfeuer ist, wandelt sich dieses Problem für besonders schüchterne Kinder häufig zum Dauerzustand. Was können besorgte Eltern in dieser Situation tun?

Diese Dinge lieben viele Schulkinder

Für die meisten Kinder ist es ein großes Vergnügen, sich mit Gleichgesinnten auf Spielplätzen zu treffen oder Geheimnisse auszutauschen. Umso trauriger ist es, wenn keine Freunde vorhanden sind, mit denen die Jüngsten diese Erlebnisse teilen können. Bis zu welchem Ausmaß ist dieses Verhalten normal und wann haben Eltern berechtigten Grund zur Sorge? Auf diese Frage hat Diplom-Psychologe und der einstige Leiter der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung – Andreas Engel – eine Antwort. Seiner Meinung genügt es einigen Kindern einfach, mit sich selbst allein zu sein. Solange das Kind in dieser Situation zufrieden ist und sich nicht nach Spielfreunden sehnt, können Eltern völlig unbesorgt sein. Viele Mütter und Väter möchten dem Einzelgänger-Dasein ihres Nachwuchses entgegensteuern, indem sie selbst Verabredungen arrangieren. Allerdings könnten sich die Kleinsten schnell überfordert fühlen, wenn die Eltern permanent „neue Freunde“ vorstellen. Deshalb sind die Erziehungsberechtigten gut beraten, die Bedürfnisse ihrer Kinder richtig einschätzen zu können. Möglicherweise hatten Schulkinder in der Schule schon genügend Kontakt zu anderen Kindern und möchten die verbleibende Tageszeit mit Geschwistern oder Eltern verbringen. Außerdem sollten sich Mütter und Väter die Frage stellen, ob die Kinder überhaupt die Möglichkeit haben, einen Kontakt zu anderen Schulkindern herzustellen.

Die Frage aller Fragen: Ist mein Kind wirklich anders als die anderen?

Sind die Schüler und Schülerinnen nicht in die Gemeinschaft integriert und werden diese als Außenseiter betrachtet, ist der Blick ins Detail gefragt. Dann stellt sich die Frage, ob sich das eigene Kind von seinen Mitschülern unterscheidet. Hierfür kommen verschiedene Aspekte in Betracht. Einige Jungen und Mädchen agieren gern als stille schüchterne Beobachter. Andere Kinder sind zu dominant und möchten permanent bestimmen. Verhaltensweisen wie diese können den Kontakt zu Mitschülern erschweren. Deshalb ist es wichtig, auf das Kind einzugehen und mit dem Nachwuchs zu reden. Möglicherweise ist sich das Kind sogar selbst der Gründe gewiss, weshalb sich andere Schüler distanzieren. Deshalb ist es am sinnvollsten, sich auf die Gedankenwelt der Kinder einzulassen.

Einsame Schulkinder unterstützen und ihnen Mut zusprechen

Im Gegenzug ist es erforderlich, den Kindern Mut zuzusprechen. Vorwürfe sind fehl am Platz. Viel wichtiger ist es, das Selbstbewusstsein der Schüler und Schülerinnen mit positiven Worten zu stärken. Aufmunternde Worte wie: „Du bist so ein lieber Junge. Frage doch einfach die anderen, ob du mitspielen darfst.“ wirken unterstützend. Außerdem sollten sich Eltern vor Augen führen, dass Kinder stets ein Spiegel ihrer eigenen Eltern sind. Deshalb ist es erforderlich, dass die Jungen und Mädchen spezielle soziale Fähigkeiten aufweisen. Schon im Kindesalter müssen Schüler lernen, wie wichtig es ist, aufeinander Rücksicht zu nehmen oder miteinander zu teilen. Wer Konflikte fair löst, einander zuhört und Geheimnisse für sich behält, erlernt die richtigen Eigenschaften, um Freundschaften aufzubauen. Wer auch einmal freiwillig verliert und nicht sofort aggressiv reagiert, wenn Wünsche nicht erfüllt werden, hat es im Umgang mit anderen Schülern leichter. Egoisten haben es einfach schwerer, keine Frage.

Problemfall Wohnortwechsel

Insbesondere nach einem Umzug ist es für viele Kinder schwierig, neue Freundschaften aufzubauen. Wohnortwechsel sind eine große Herausforderung für alle Beteiligten. Vertraute Mitschüler sind weit weg. Die neuen Schulkinder werden mit der nötigen Skepsis und aus der Distanz beäugt. In diesen Fällen ist die Unterstützung durch Eltern möglicherweise eine gute Idee. Organisierte Spielnachmittage mit anderen Jungen und Mädchen helfen dabei, erste Freundschaften zu knüpfen. Darüber hinaus ist es vielleicht hilfreich, spezielle Angebote in Vereinen wahrzunehmen. Dadurch erfahren die Schulkinder gewiss, welche Vorlieben und Interessen sie mit ihren Mitschülern teilen: eine Basis für eine Freundschaft ist gelegt.

Freundschaften lassen sich nicht erzwingen

Natürlich können die Kinder nicht dazu gezwungen werden, eine Freundschaft mit dem einen oder anderen Kind einzugehen. Dennoch sollten die Eltern keine Bemühungen unversucht lassen, um die eigenen Schulkinder zu ermutigen. Hierbei ist es wichtig, dem Nachwuchs nicht alle Mühen abzunehmen. Gelegentlich müssen sich die Kinder schließlich auch mit der Bewältigung von Problemen oder Verarbeitung von Stresssituationen auseinandersetzen. Insbesondere schüchterne Kinder sollten dazu ermuntert werden, über ihren eigenen Schatten zu springen. Erlernen die Kinder im Laufe der Zeit, anderen Kindern auch mal eine Süßigkeit anzubieten oder in einem Laden die Bestellung abzugeben, schöpfen die Schüler und Schülerinnen automatisch Mut. Diese Erfahrung hilft auch im Umgang mit anderen Kindern.

Auffälligkeiten können zu Ausgrenzung führen

Natürlich gibt es viele Erklärungen dafür, weshalb Kinder Außenseiter sind. Dabei ist ein besonders schüchternes Auftreten nur ein Grund unter vielen. Äußerliche Auffälligkeiten wie Behinderungen, Kleidung oder Statussymbole spielen bei der Wahl der Freunde ebenfalls eine wichtige Rolle. Allerdings sollte dieser Aspekt auch nicht überbewertet werden. Wesentlich ausschlaggebender ist das Verhalten der Kinder. Ist ein Kind besonders überängstlich oder überangepasst, droht eine Ausgrenzung. Bei körperlich fitten und selbstbewussten Kindern ist dieses Risiko wesentlich geringer.

Tipps zum Umgang mit dominanten Kindern

Gibt sich ein Kind gern als Bestimmer und wesentlich erwachsener aus, als es ist, ist von Seiten der Eltern besonders viel Liebe und Geduld gefragt. Werden diesen Schülern und Schülerinnen Aufgaben übertragen, die Verantwortung und Sachkenntnisse erfordern, ist das Kind gut aufgehoben. Diese Tätigkeiten vermitteln dem Nachwuchs das Gefühl, wirklich etwas geleistet zu haben und sich nicht permanent inszenieren zu müssen. Diese Erfahrung wirkt sich auch positiv auf den Umgang mit anderen Menschen aus.

Klassenclowns möchten Unsicherheiten kompensieren

Die Erfahrung hat ebenfalls gezeigt, dass hinter den sogenannten Klassenclowns häufig sehr empfindliche Kinder stecken. Auch diesen Schülern fällt es zumeist schwer, feste Freundschaften zu schließen. Bei diesen Jungen und Mädchen ist es wichtig, ihre Talente zu erkennen oder auch mal mit ihnen herumzukaspern. Erhalten diese Kinder besonders viel Verständnis, finden sie gewiss bald einen Weg, offen und ehrlich auf andere Kinder zuzugehen. Natürlich ist es kein Geheimnis: kein Kind ist wie das andere. Umso wichtiger ist es, den eigenen Nachwuchs zu stärken und dessen Probleme ernstzunehmen. Einerseits ist es völlig normal, sich gelegentlich zurückzuziehen und in der eigenen Gedankenwelt zu versinken. Doch andererseits ist es auch notwendig, die Kinder darin zu bestärken, Freundschaften zu schließen – Beziehungen mit anderen Schülern, die sich vielleicht sogar zu Freundschaften fürs Leben wandeln.